oder
Angst gehört auch zum Leben.
Hier sehen Sie Lotti. Sie ist jetzt 9 Monate alt und ein rechter Draufgänger. Wir haben Sie als Zweitkatze zu unserer Mietzi adoptiert, und es hat alles wunderbar geklappt. Mietzi ist ihr eine prima Ersatzmama geworden.
Lotti hat in diesen neun Monaten viel gelernt, war aber auch noch sehr gut behütet, gut beschützt und gut sozialisiert.
So zeigte sie sich furchtlos dem Fuchs gegenüber, der plötzlich im Garten war. Sie plusterte sich auf gefühlte doppelte Größe auf und wurde zum schwarzen Puma. Der Fuchs kniff den Schwanz ein. Das genügte Lotti aber nicht, sie vertrieb ihn nicht nur aus dem Garten, sondern sauste noch blitzschnell hinter ihm her.
Ja, Lotti ist in der Pubertät und fühlt sich schon sehr groß und stark. Genau das richtige Gefühl, um die Katzenwelt zu erobern. Vielleicht fühlt sie sich aber auch ein bisschen zu groß und stark?
Dann zwei Ereignisse:
Gestern gegen Mitternacht, kletterte sie aus dem Dachfenster, das zum Lüften geöffnet war. Sie rutschte ab und wurde zum Glück vom Schneegitter gehalten. Es dauerte sicherlich eine Weile, in der sie vergeblich versuchte, wieder zum Fenster zu kommen, bis ich es bemerkt habe. Inzwischen wollte ihre Katzen-Adoptivmama schon hinterher, was ich gerade noch verhindern konnte.
Ich habe Lotti schnell einen Bademantel aus dem Fenster gehangen, an dem sie wieder hochklettern konnte. In Windeseile kletterte sie wieder zum Fenster rein. Puh, gerade nochmal gut gegangen!
Danach war sie ziemlich erschöpft (ich übrigens auch) und schlief brav die ganze Nacht (vermutlich mit wilden Träumen).
Heute nun, geht Lotti morgens raus und ward verschwunden. Zuerst haben wir uns keine Gedanken gemacht, sie wird hinter einer Maus her sein und ihr Revier entdecken. Als es aber mehr als 5 Stunden waren und es inzwischen angefangen hatte zu regnen, machten wir uns doch Gedanken. Schließlich machte ich mich auf die Suche. Bei dem großen etwas verwilderten Nachbargarten, auf dem sie schon öfter gespielt hatte, rief ich sie länger. Plötzlich kam sie aus einem großen Rohr, dessen Ende frei ragte, zu mir angeschossen. Mit riesigen schwarzen, ängstlichen Augen. Ich nahm sie zu uns ins Haus, wo sie sich sofort im Schrank versteckte. Nach einer Weile konnte ich sie mit ihrem Futternapf kurz aus dem Schrank locken, sie fraß ein wenig (Gottseidank!) und flitzte sofort wieder zurück in den Schrank.
Nun ist sie eine ganz andere Lotti. Ängstlich in ihrem Versteck. Gar nicht mehr wieder zu erkennen. Ich weiß nicht, wie lange sie sich im Rohr versteckt hatte, möglicherweise Stunden und ich weiß auch nicht, welches Tier diese Angst ausgelöst hat. Vielleicht hat sie sich ähnlich gefühlt wie eine Maus, wenn draußen die Katze lauert?
Lotti macht nun instinktiv das Richtige. Sie sorgt dafür, dass sie sicher ist (Versteck) und lässt sich ganz viel Zeit, sich wieder zu erholen.
Diese Erlebnisse sind zwar für alle Beteiligten heftig, gleichzeitig aber wichtig, damit Lotti gesund und munter ein langes Katzenleben führen kann.
Die Angst ist ein wesentlicher Bestandteil unser aller Leben. Ohne sie würden wir vor den Gefahren keinen Respekt haben, und unser Leben würde kurz bleiben.
„Der Unwissende hat Mut, der Wissende hat Angst.“ (Alberto Moravia)
Lotti wird wieder losgehen, wieder jagen und Freude an ihrem Leben haben, sie wird aber die Risiken bessern abschätzen lernen mit jeder Gefahr, die sie meistert.
Die Unbekümmertheit der Kindheit durch Unwissenheit können wir uns nicht erhalten, aber wir können lernen, uns stark zu machen und mit Respekt mutig in die Abenteuer unseres Lebens zu gehen.
Machen wir es wie Lotti:
- Zuerst für Sicherheit sorgen (weg vom Täter, weg vom Stress).
2. Hilfe holen!
3. Sich auch helfen lassen!
4. Genug Zeit zum Verarbeiten lassen!
5. Angst verarbeiten, so dass daraus Respekt werden kann:
eine Fähigkeit, Gefahren richtig einzuschätzen und richtig zu handeln.